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zusammengestellt von Konrad Lipphardt im Jahre 2008
1. Alte und Neue Stiftsschule |
Die „Alte Klosterschule“ ist nicht zu verwechseln mit der Klosterschule der Benediktinerabtei im Stift. Letztere entstand vermutlich im 10. Jhd., die Anfänge liegen im Dunkeln. Lampert von Hersfeld, der in den 70er Jahren des 11. Jahrhunderts seine Klostergeschichte schrieb, war jedenfalls selbst Vorsteher dieser Klosterschule und rühmte die Vortrefflichkeit dieser Schule. Sie besaß zudem eine bedeutende Bibliothek, als deren Begründer Lampert Abt Gotzbert (970-985) nennt. Mit dem Ende des 11. Jahrhunderts schwindet diese Schule jedoch aus unserem Blickfeld. Durch den wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung der Städte treten die Klosterschulen immer mehr in den Schatten der Domschulen und der aus ihnen hervorgehenden Universitäten. 1
Siedlungsentwicklung vom Mittelalter bis 1847/49
(Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde
Die hier in Rede stehende „Alte Klosterschule“ befand sich aber in den Gebäuden des ehemaligen Franziskanerklosters (auch Barfüßerkloster oder Minoritenkloster; Franziskaner wurden auch Minoriten = Minderbrüder oder Barfüßer genannt, also Bettelmönche) am Neumarkt. Mit dem Eingang der Reformation in Hersfeld und letztlich mit dem Bauernkrieg im Jahre 1525 fand das Franziskanerkloster in Hersfeld sein Ende.
1523 bis 1525 Der Franziskanerkonvent löst sich auf.
Bild 1: Der noch vorhandene Keller des Franziskanerklosters
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1525 Bauernkrieg. Die Stadt Hersfeld hatte sich dem Aufstand angeschlossen, ergab sich jedoch Landgraf Philipp dem Großmütigen von Hessen ohne Widerstand zu leisten. Hessen besetzte das Stift und behielt große Teile seines Territoriums pfandweise als Ausgleich für die entstandenen Kriegskosten. Dazu gehörte auch die Stadt Hersfeld, die erst 1550 und auch da nur zur Hälfte an das Stift zurück erstattet wurde. Damit unterstand auch das Franziskanerkloster im zweiten Viertel des 16. Jhd. der landgräflichen Verwaltung und war Sitz des Stadtschultheißen.
„Auf eine Wiederaufnahme des unterbrochenen Unterrichts im Stift zielen die seit 1544 nachweisbaren, aber vermutlich älteren Überlegungen, bei denen schon in der ersten Überlieferung die Tendenz zu einem größeren Zuschnitt erkennbar wird, der dann in der „Neuen Stiftsschule“ 1569/70 verwirklicht wird. Diese Bezeichnung wird als Hinweis der Tradition und zugleich der Unterscheidung zur "Alten Stiftsschule“ verstanden werden dürfen." 2
2. Die Gründung des Gymnasiums
11. November 1558 Das leer stehende Franziskanerkloster wird nach den Verhandlungen zur Erneuerung des Hersfeldisch-Hessischen Vertrages dem Abt Michael (1551-1571) allein zugesprochen.
02.Juli 1570 Stiftungsurkunde von Abt Michael für eine Trivialschule im ehemaligen Franziskanerkloster (Trivialschule von Trivium=Dreiweg); sie lehrte die ersten drei der „Sieben freien Künste“, der „septem artes liberales“, nämlich Grammatik, Rhetorik und Dialektik; die anderen vier Künste (Quadrivium) sind Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie; man sprach im Altertum von den „Freien Künsten“, weil sie die eines freien Mannes würdigen Kenntnisse seien im Unterschied zu den handwerklichen Erwerbskünsten. Die Trivialschulen gehörten also zu den unteren Schulen. Zur Ausstattung hatte Abt Michael die Korn- , Hafer-, Frucht- und Geldzinsen des Klosters Blankenheim im Rückkaufswert von 3000 Gulden an das von ihm gegründete Gymnasium abgetreten.3 "Zu dieser Zeit beherrschte die Kirche das Unterrichtswesen weitgehend und versuchte, den Schülern nicht nur eine geistige Bildung zu verschaffen, sondern sie auch zu frommen und gottesfürchtigen Menschen zu erziehen. Abt Michael wollte in seiner Bildungsanstalt spätere Kirchenführer und Staatsmänner heranziehen. Deshalb orientierte er sich stark an dem Vorbild der damaligen Fürstenschulen. Unterrichtsgrundlage waren die septem artes liberales Religion, Bibelstudium, Grammatik, Rhetorik und Dialektik. An der Schule wurde ebenfalls Hebräisch, Griechisch, Musik und Arithmetik unterrichtet. Ärmere Schüler erhielten durch die Einrichtung von „Freitischen“ (kostenlosen Mittagsmahlzeiten) Unterstützung. Der Dreißigjährige Krieg und die Pest verhinderten den weiteren Aufbau der Schule. Die Schülerzahlen sanken." 4
07. November 1570 Schutzbrief Kaiser Maximilians II. zur Bestätigung der Stiftung des Gymnasiums zu Hersfeld.
1604 Vor der Übernahme des Stifts in hessische Verwaltung verpflichteten sich Landgraf Moritz und sein Sohn Otto, der fürstliche Coadjutor und nach dem Tode Abt Joachims, des letzten Abts, Administrator des Stifts, dass sie "die Klosterschuehll zue Hersfeld bey ihrer fundation unndt Freyheitt ohngeschwechtt bleiben laßenn, undt erhalten. .. " 5 Zwei Jahre später kam dann die Schule unter die Aufsicht der Landgrafen von Hessen-Kassel. "Im 17. Jh. war das Gymnasium offiziell zur „gelehrten Fürstenschule" ernannt worden, deren oberstes Ziel die Vorbereitung auf den Universitätsbesuch war. 1632 erhielt die Schule durch Rektor Piskator eine neue Schulordnung sowie Schüler und Lehrergesetze („leges studiosae iuventutis" und „leges scholae Hersfeldensis"), die das Verhalten streng regelten. Die Lehrinhalte waren unverkennbar vom Humanismus geprägt. Man orientierte sich an antiken Schriftstellern und gab den Gelehrtensprachen Griechisch, Latein und Hebräisch gegenüber dem Deutschen Vorrang."6
1688 -1689 Neubau des Gymnasiums (der historische Altbau der jetzigen Konrad-Duden-Schule)
1705 Nach der Umbenennung in "Carolinum Hersfeldense wurde Dr. Konrad Mel (1666-1733), Verfasser zahlreicher Erbauungsschriften, Direktor des Gymnasiums. In seinem Unterricht versuchte er, den Schülern besonders die Mathematik, Astronomie und Mechanik näher zu bringen.
1709-1710 Gründung des Waisenhauses durch Dr. Konrad Mel.
1727 Dr. Konrad Mel führte den Kartoffelanbau ein. Mel war von dem fortschrittlichen Gedanken gefesselt, dass auch weniger gute Schüler eine gute Ausbildung an einem Realgymnasium erhalten sollten.
Im Jahre 1820 wurde am Hersfelder Gymnasium die Maturitätsprüfung eingeführt. Um das „Abitur“ zu erreichen, musste man Prüfungen in Deutsch, Mathematik, den Alten Sprachen, und Geschichte bestehen und 1 ½ Jahre die 1. Klasse besucht haben. Die Klagen über die mangelnde Disziplin der Hersfelder Schüler endeten auch in dieser Zeit nicht. Um die Schüler von privaten Trinkgelagen abzubringen, bot man ihnen eine schuleigene Kegelbahn sowie abendliche Tanzgesellschaften an. Der erhoffte Erfolg dieser Bestrebungen blieb jedoch aus. Stattdessen begannen mit dem Revolutionsjahr 1848 neue Unruhen, da auch die Hersfelder Schüler von freiheitlichen politischen Ideen erfasst wurden. Während im Kollegium verschiedene politische Gesinnungen aufeinander prallten, forderten einige Schüler z.B. die Einführung eines demokratischen Turnvereins. In das Jahr 1861 reichen auch die Wurzeln des heutigen GBO (Gymnasiales Blasorchester). In der nachfolgenden Zeit der „Reaktion“ wurde die Wichtigkeit des Religionsunterrichts wieder stark betont. Auch am Hersfelder Gymnasium unterzog man liberale Lehrer (hier z. B. Geschichtslehrer Jakobi) einer strengen Kontrolle." 7
1865 Aufstockung des Mittelbaus (des historischen Altbaus der jetzigen Konrad-Duden-Schule)
Bild 2: Historischer Altbau
"Unterricht und Erziehung. Es reicht nicht, den Jugendlichen mit gelehrten Büchern zu langweilen, man muss schlechte Leidenschaften bändigen und zügelloses Benehmen mit dem Zaum strenger Disziplin lenken. So wird er gut unterrichtet." (Übersetzung der Bildunterschrift des Reliefes am historischen Altbau der „Alten Klosterschule")8
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1875 Errichtung des Aulagebäudes neben dem Mittelbau (historischer Altbau) mit zwei weiteren Klassenräumen und einem Turnsaal.
Bild 3: Aulagebäude
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3. Das königliche Gymnasium - Die Alte Klosterschule
1876-1905 Dr. Konrad Duden (1829-1911), der "Vater der deutschen Rechtschreibung", ist Direktor des königlich-preußischen Gymnasiums. "Er sollte die Verhältnisse wieder in Ordnung bringen, die Disziplin der Schüler verbessern und das Leistungsniveau anheben. Duden versuchte dies zunächst mit Strenge, aber auch mit Einfühlsamkeit und mit Freundlichkeit zu erreichen. Seiner Meinung nach ging der Lehrauftrag weit über den normalen Unterricht hinaus. Er wollte seine Schüler zu anständigen, christlichen und menschlichen Bürgern erziehen. Sein soziales Engagement in verschiedenen Vereinen und in der Kirche machte ihn für seine Schüler zum Vorbild und beeinflusste sie positiv. Während seiner Amtszeit durfte im Schuljahr 1899/1900 zum ersten Mal ein Mädchen an der Abiturprüfung teilnehmen."9
Bild 4: Dr. Konrad Duden
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01. Juli 1909 Einweihung des Erweiterungsbaues des Gymnasiums an der westlichen Grundstücksgrenze entlang der Rosengasse: der heutige Altbau der Konrad-Duden-Schule.
Bild 5: Altbau von 1909 nach Renovierung
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November 1924 Aufruf der Vereinigung ehemaliger Klosterschüler zum Bau der „Berge-Turnhalle“, mit deren Namensgebung der verdiente Turnlehrer Wilhelm Berge geehrt werden sollte.
20. Juni 1925 Grundsteinlegung für die „Berge-Halle“.
12. September 1925 feierliche Einweihung und Übergabe der „Berge-Halle“ als Freiluftturnhalle
Seit 1946 Staatliches Gymnasium und Realgymnasium
1952 Die Bergehalle wird als geschlossene Turnhalle benutzt.
Seit 1956 „Alte Klosterschule“, Gymnasium für Jungen und altsprachliches Gymnasium
Am Ende der 60er Jahre erfolgte die Errichtung der „Modellschule Obersberg“ (MSO) als reiner Obersstufenschule. So gab es am 04. Februar 1966 einen Kreistagsbeschluss, in dem es hieß: "Die Alte Klosterschule wird als selbständige Schule an anderer Stelle in Verbindung mit einer Mittelpunktschule mit Realschulzweig neu errichtet." Am 02. Februar 1967 gab es einen weiteren Kreistagsbeschluss: "Die Alte Klosterschule wird als selbständige Schule in Verbindung mit einer Mittelpunktschule im Rahmen eines Schulzentrums auf der Kuppe des Obersbergs .......... errichtet". Am 16. April 1973 beschloss der Kreistag die endgültige Konzeption der Modellschule Obersberg, die auch die sich abzeichnenden Veränderungen bei der Organisation der gymnasialen Oberstufen berücksichtigte. So wurde die Errichtung einer studien- und berufsbezogenen Oberstufenschule beschlossen, welche die gesamte kaufmännische Abteilung der Berufsschule einschließlich der Teilzeitschülerinnen und Teilzeitschüler mit kaufmännischen Ausbildungsberufen, die Oberstufe der Alten Klosterschule und ab 01.08.1974 die Oberstufe der Luisenschule umfassen sollte. Diese Oberstufenschule sollte selbständig neben der noch zu errichtenden Gesamtschule für die Sekundarstufe I geführt werden. Das Hessische Kultusministerium stimmte dieser Entscheidung mit Erlass vom 26. 06.1973 zu. 10 Der Abiturjahrgang 1974 durchlief als letzter ohne Verkursung nach dem alten System die Oberstufe. Das Zeugnis dieses Jahrgangs erhielt den Vermerk "Alte Klosterschule in der Modellschule Obersberg". Damit war die Existenz der traditionsreichen "Alten Klosterschule" beendet.
1974 -1976 In die Gebäude der "Alten Klosterschule" am Neumarkt 33 zieht zunächst eine Grund und Hauptschule mit Förderstufe ein.
1976 Einrichtung der Gesamtschule Stadtzentrum, später Umbenennung in Gesamtschule Stadtmitte, dann in Konrad-Duden-Schule (KDS)
1980 Einweihung des Neubaus im Winkel zwischen Mittelbau (historischer Altbau) und dem südlichen Bereich des Hauptgebäudes
1993-1994 Das Aulagebäude und die Bergehalle werden durchgreifend modernisiert und zu Unterrichtsräumen umgestaltet.
1997 Errichtung der mit einem Tonnendach versehenen neuen Turnhalle zwischen Mittelbau und Aulagebäude
2002 Zwei Sponsoren, die Sparkassenstiftung Hersfeld-Rotenburg und das Modezentrum Sauer, stiften eine 58 Kilo schwere Schulglocke, die seither im Uhrentürmchen auf dem Mittelbau hängt.
2005-2006 Neugestaltung des oberen Schulhofes
2007 Zugänglichmachung des alten Brunnens im Kreuzgang des alten Klosters, dem heutigen Schulhof der KDS
Bild 6: Klosterbrunnen nach Freilegung
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2008 Die Bergehalle wird Schulmensa.
Bild 7: Bergehalle
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4. Fußnoten/Quellen
1Vergl.: "400 Jahre Alte Klosterschule 1570 – 1970", Tilmann Struve S. 23 und Traugott Classen S. 130
2 "400 Jahre Alte Klosterschule 1570 – 1970", Ubbo Mozer S. 77
3Vergl.: Wilhelm Neuhaus: Auf den Spuren der Abtei Hersfeld in deutschen Gauen, 1941, Hans Ott Verlag, Hersfeld, S. 112
4 "Festschrift der MSO zum 30-jährigen Bestehen
5Ledderhose, entnommen "400 Jahre Alte Klosterschule 1570 - 1970, Festschrift zum 400jährigen Bestehen der Alten Klosterschule 1570 - 1970",
S. 43, herausgegeben von Otto Gliss, 1973, Herstellung: Hoehl-Druck, Bad Hersfeld
6 "Festschrift der MSO zum 30-jährigen Bestehen
7 "Festschrift der MSO zum 30-jährigen Bestehen
8 "Festschrift der MSO zum 30-jährigen Bestehen
9 "Festschrift der MSO zum 30-jährigen Bestehen
10 Vergl.: Homepage der MSO
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